GRAN PARADISO, 4.061m, Normalweg

Grajische Alpen

Anfang Sep 2001

Gran Paradiso Normalerweise wird als Ausgangspunkt für die Besteigung des Gran Paradiso die kleine Siedlung Pont gewählt (1.960m, mit Hotel, großem Parkplatz, Campingplatz und Besucherzentrum des Gran Paradiso Nationalparks). Sie findet sich am Ende einer Strasse, die aus Introd im Aostatal heraufführt.

Mit mehr Zeit und der Absicht, sich zunächst etwas zu akklimatisieren, wäre eine Alternative als Start des Unternehmens den Col del Nivole (2.612m) zu wählen. Dieser Pass ist mit dem Auto über eine Asphaltstrasse von Ivrea über Ceresole Reale durch das Orcotal erreichbar. Dort könnte man zunächst entweder im Rifugio Savoia oder im Rifugio Citta di Chivasso (Club Alpino Italia – CAI), beide mit einwandfreier Küche und einfachen Zimmern, Station machen.

Es böte sich dabei an, einen der umstehenden Gipfel zu erklimmen und sich an die dünne Luft zu gewöhnen. Beispielsweise den Punta Basei (3.338m), erreichbar über den Col Basei (3.176m), ohne seinen kleinen Gletscher traversieren zu müssen. Heikel sind dabei die letzten Meter auf den Gipfelfelsen, da der Anstieg über die häufig vereiste Nordseite führt und das dort gelegene Fixseil lose herumbaumelt und wenig Vertrauen erweckt.

Bei Hochtouren gewinnt das Wissen über die zu erwartende Wetterlage eine noch größere Bedeutung. Hier die Website für das Wetter auf dem Gran Paradiso:
Wetter Gran Paradiso

1. Etappe (Col del Nivole - Rif. Vittorio Emanuele):

Vom Col del Nivole zunächst über die Asphaltstrasse an den beiden Nivole-Seen vorbei – dort macht am Wochenende bei schönem Wetter ganz Torino Picknick - bis zu einer Schranke. Dahinter geht es dann auf einer breiten, befestigten Fahrstrasse weiter, die aber zunehmend enger und holpriger wird (alternativ dazu könnte man auch einen Weg nutzen, der im Talboden einem Bachlauf folgt). Beidseitig des Wegs tummeln sich zahlreiche, wenig scheue Murmeltiere. Schließlich erreicht man einen Erdwall und damit das Ende des Karrenwegs. Von diesem Punkt aus besteht ein eindrucksvoller Blick auf das östlich gelegene mächtige Gran Paradiso Massiv. Soweit sind geschätzt 6-7 km in leichter Wanderung ohne großen Höhenunterschied bewältigt.

Einige Meter vor dem Erdwall führt ein Steig steil rechts ab gute 500 Höhenmeter hinunter nach Pont und damit dürfen sich die Oberschenkel endlich auf ihren ersten richtigen Einsatz freuen oder auch nicht....Der Pfad führt erst auf den grasigen Talboden, überquert den Bach (Brücke) und windet sich dann vorbei an einigen reizvollen Aussichtspunkten und bei zunehmend dichter werdender Vegetation nach Pont. Zeitbedarf: Nivole-Pont ca. 2,5 Std.

Wegweiser Gran Paradiso TresentaIn Pont gibt es übrigens auch ein Self-service Restaurant, das im September nicht mehr überlaufen ist und dessen Gerichte genießbar sind. Von Pont geht es nun zum Rifugio Vittorio Emanuele II (RVE, CAI) endlich bergauf. Dazu folgt man, anfangs gemächlich ansteigend, einem ausgetretenen Weg etwa 1,5-2 Km nach Süden. Ein niedriger Hochgebirgsmischwald sorgt zunächst für Schatten. Schließlich wendet sich der Weg nach Osten und es wird deutlich steiler und die Vegetation schütterer. Bald überschreitet man die Baumgrenze und in steinigen Serpentinen windet sich der Pfad über 800 Höhenmeter zur Hütte. Vielleicht wird man dabei von einem kleinen, drahtigen Mann mit seinem schwer beladenen Maultier überholt, der die Versorgung der Berghütte und ihrer Gäste auf traditionelle Weise sicherstellt. Von Pont aus etwa 2,5-3 Std.

Der RVE am höchsten Berg Italiens ist sehr gut unterhalten. Ungewöhnlich für eine Alpenhütte und weithin sichtbar ist seine halbrunde silber-graue Dachkonstruktion. Schlafmöglichkeiten bestehen sowohl in Zimmern - bei Glück oder vorheriger Anmeldung - oder unter dem Dach in einem großen Gemeinschaftsschlafbereich mit Matratzen dicht an dicht.
Von der Hütte geht der Blick unweigerlich nach Südosten über die Gletscher zu den markanten Bergspitzen von Tresenta und Ciaforon, doch der Gran Paradiso lässt sich noch nicht ausmachen.

Abends wird ein Menü angeboten und es ist immer wieder positiv überraschend, was die Küchen in Italiens Berghütten aus den naturgemäß beschränkten Ressourcen zaubern. Dieses Angebot zur Stärkung sollte nicht ausgeschlagen werden, denn mit einem reichhaltigen Frühstück am anderen frühen Morgen darf man nicht rechnen.

Gesamt: 1.450 Hm, 5,5 Std.

2.Etappe (Rif. Vittorio Emanuele - Gipfel - RVE):

Die Nacht vor einer 4000er Gipfeltour ist üblicherweise ziemlich kurz. Denn früh morgens ist der dabei zu überquerende Gletscher noch fest und griffig. Außerdem ist die Zeitreserve größer im Falle von auftretenden Schwierigkeiten. So brechen viele Bergführer mit ihren Kunden schon um 4 Uhr oder sehr früh auf. Der Weg zum Gipfel führt von der Hütte in einem weiten Bogen in nordöstlicher Richtung bei nur mäßigem Höhengewinn über eine wilde Felsbrockenlandschaft. Die Idealroute ist bergauf bei Dunkelheit/ Dämmerung wie üblich nicht leicht zu finden. Doch bald erreicht man den Gletscheransatz. Nun kommen die Steigeisen zum Einsatz. Manche benutzen zusätzlich Teleskopstöcke. Die Bergführer seilen ihre Kundschaft an.

Gran Paradiso Gipfel MadonnaZunächst führt die, im Spätsommer häufig ausgetretene, Spur über den Gletscher geradeaus durch eine Rinne, später dann in einer weiten Rechtskurve hinauf. Im Auslauf dieser Rechtskurve findet sich das steilste Stück des Wegs, doch geschätzt keine 30°. Bald wendet sich die Spur wieder nach Osten und leitet auf den Grat mit dem Becca di Moncorvé zu, einer markanten Felsspitze. Nun öffnet sich der Blickwinkel auch nach Süden hin mit seinem ganzen grandiosen Panorama. Vor diesem Felsgrat zieht der Eisweg wieder nordwärts direkt auf den Gipfel des Gran Paradiso zu. Die letzten Meter führen über eine in dieser Jahreszeit häufig schneefreie Felsformation mit einem kurzen, schmalen, sehr ausgesetzten Stück über der senkrechten Nordostwand des Massivs. An dieser Stelle sind Bohrhaken im Fels befestigt zur Eigensicherung. Kurz darauf steht man neben einer großen Madonna auf dem höchsten Berg Italiens und genießt die Aussicht. Für den Aufstieg sollte man mit 5-6 Std. kalkulieren.

Gesamt: 2.600 Hm, 9 Std.

3.Etappe: (Rif. Vittorio Emanuele - Col de Nivole):

Rückkehr vom RVE über Pont zum Col del Nivole über den gleichen Weg.

Fazit: Bei guten Verhältnissen, Umsicht, entsprechender Ausrüstung, Kondition und etwas Bergerfahrung sollte eine Besteigung des Gran Paradiso keine Probleme bereiten.
Saison von Juli bis September.

Kartenmaterial:
KOMPASS, 1:50.000, Blatt 86

© Norbert Pohl