Wegweiser Dolomiten Höhenweg 3

DOLOMITEN HÖHENWEG NO. 3

PRAGSER TAL – LONGARONE

11-17 Sep 2000

Obgleich die Dolomiten ein dichtes Netz von bewirtschafteten Berghütten überzieht, erfordert die Begehung eines Dolomiten-Höhenwegs die Fähigkeit und Ausrüstung, auch in Höhen oberhalb von 2.000m, Etappen von fünf Stunden Gehzeit und mehr zu bewältigen. Dabei sind Leistungsreserven bei unerwarteten Schwierigkeiten vorzuhalten. Deshalb ist eine entsprechende Vorbereitung unumgänglich.

Die Dolomiten sind ein wasserarmes Hochgebirge - besonders weiter im Süden. Abschnittsweise fehlen Wasserstellen völlig. Somit ist immer ein erheblicher Wasservorrat (1,5 Liter+ pro Tag/Person) mitzuführen.

Auf dem Normalweg des Dreier liegen im Sommer bei gutem Wetter (Ausnahme:  die Etappe über einen kleinen Gletscher hinauf zur Marmolada-Scharte) keine für einen trittsicheren, schwindelfreien Bergwanderer unüberwindbaren technischen Hindernisse.

Obwohl viele Orte in Südtirol über Busverbindungen gut erreichbar sind, werden Wanderfreunde doch sehr häufig mit dem Auto anreisen. Dann stellt sich die Parkplatzfrage. Eine Möglichkeit ist sicherlich, zunächst eine Übernachtung im Tal einzuplanen und die Gastgeber zu fragen, ob das Fahrzeug vor dem Haus während der Abwesenheit abgestellt werden kann. Soweit Platz vorhanden ist, wird dies in den meisten Fällen gestattet. Der gewünschte Ausgangspunkt könnte dann per Bus oder Pedes erreicht werden. Vorteil: hohe Sicherheit und keine Bußgelder oder immense Parkgebühren.

Ein entscheidender Faktor für das Gelingen einer Bergtour ist das Wetter. Wenn schlechtes Wetter herrscht kann jede Wanderung im Hochgebirge zu einem gefährlichen, riskanten Abenteuer werden. Darum ist eine möglichst genaue Kenntnis über das zu erwartenden Wettergeschehen unverzichtbar. Die lokale Bevölkerung, ob im Tal oder auf der Berghütte, kennt sich meistens gut aus.
Hier eine zentrale Quelle für die Dolomiten Wettervorhersage:
Wetter Südtirol Provinz Bozen

1. Etappe (Pragser Tal - Dürrensteinhütte):

Der Höhenweg No.3 beginnt eigentlich in Toblach oder Niederdorf, doch wegen seiner schönen, ruhigen Lage wurde als Ausgangspunkt das Pragser Tal gewählt.

Vom Pragser Tal führt ein breiter, gut markierter Weg zunächst auf der rechten Talseite, später die Autostrasse querend, zum Alpengasthof Brückele. Bis zu diesem wird im Winter auch eine Langlaufloipe (schwarz) gespurt. Hinter dem Gasthof auf dem Weg zur Plätzwiese wird es dann erheblich steiler. Der direkte Aufstiegsweg dorthin läuft zum Teil entlang der im Sommer stark befahrenen Fahrstrasse, was das Vergnügen manchmal leicht eintrübt. Kurz vor dem Gasthof Plätzwiese auf knapp 2.000m befindet sich ein Autoparkplatz und eine Weiterfahrt ist nurmehr Anliegern erlaubt. Nun hat man bereits die Baumgrenze erreicht und der Blick kann ungehindert über die kleine Hochebene Richtung Dürrensteinhütte schweifen. An dieser wird einige Minuten später auch der Höhenweg No.3 erreicht.

Wer genug Zeit mitbringt, könnte die unproblematische Besteigung des aussichtsreichen Dürrensteins (2.839m) ins Auge fassen (gute 2 Std. von der Plätzwiesenhütte) oder – kürzer – den Strudelköpf (2.307m) mit großem Gipfelkreuz und Blick auf den Monte Piana erwandern.

Gesamt: 850 Höhenmeter, 4 Std.

2. Etappe (Dürrensteinhütte - Rif. Bosi):

Holzschild Steinschlaggefahr Von der Dürrensteinhütte hinab ins Höhlensteintal ist der Weg durch das Helltal der Variante über den Karrenweg nach Schluderbach eindeutig vorzuziehen. Der Pfad wird schmaler, wilder. Hier trifft man zum ersten Mal auf einige befestigte Wegabschnitte (neue Holztritte) und darf Tunnel durchmessen. Im Höhlensteintal auf der anderen Seite der Bundesstrasse ist der Wegverlauf zum Einstieg des Steigs hinauf zum Monte Piana nicht immer eindeutig auszumachen. Der Talboden direkt vor dem Dürrensee ist eine einzige Strauchlandschaft von ausgetrockneten Bachläufen durchzogen. Ein kleiner Fluss ist zu überqueren.

Hinauf zum Plateau des Monte Piana ist der steile Pionierweg dann ein besonders eindrucksvoller Abschnitt dieser Etappe und man ist froh, hier nicht während des 1. Weltkriegs gewesen zu sein. Angekommen auf dem Plateau verstärkt sich dieser beklemmende Eindruck noch angesichts der zahlreichen Stollen und Befestigungsreste. Hier haben sich die Kriegsparteien über lange Zeit auf kürzester Distanz das Leben zur Hölle gemacht. Es ist danach nur noch ein kurzes Stück bis zum Rifugio A.Bosi am Südostrand des Plateaus.

Gesamt: 2.000 Hm, 6 Std.

3. Etappe (Rif. Bosi - Rif. Vandelli):

Während auf dem Monte Piana bei gutem Wetter viel Trubel herrscht, auch wegen seiner leichten Erreichbarkeit über die Fahrstrasse zur Bosi-Hütte, wird es auf diesem Abschnitt deutlich ruhiger. Nicht viele wandern bis zu den Rif. Popena-Ruinen.

Der Steig von der Bosi-Hütte hinunter ins Tal kürzt die weiten Serpentinen der Fahrstrasse sehr gut ab, doch der Abzweig in das Popena-Tal kann leicht verpasst werden. Unten im Tal wird man kurz an der vielbefahrenen Bundesstraße zum Misurina-See entlanglaufen müssen. In einer Spitzkehre beginnt hier der Wanderweg in das obere Popena-Tal hinauf. Es ist dicht bewachsen und der Weg führt abschnittsweise über Schotter und Geröll im Bachbett entlang. Schließlich werden hohe, gestufte Felsformationen erreicht zwischen denen der Bach hinunterspringt. Diese werden auf der rechten Seite umgangen. Oberhalb davon wandert man bei nur allmählichem Höhengewinn über eine kleine Hochebene auf die Rif. Popena-Ruinen zu.

Vom Felsdurchbruch hinter den Ruinen aus hat man einen schönen Blick auf die Sorapis-Gruppe. Etwas delikat sind darauf die ersten Abstiegsmeter Richtung Tre Croci-Pass, denn sie verlaufen in einer steilen, rutschigen Geröllrinne. 500 Hm und eine gute Stunde später erreicht man die Autostrasse, der man rechtsgewandt bis kurz vor diesen Pass aufwärts folgt. Auf dem Tre-Croci Pass ist bereits Anfang September nichts mehr los und glücklich ist, wer im Rucksack noch etwas Verpflegung mitführte.

Nun beginnt der schönste Abschnitt dieses Tages, der Weg hinauf zur Vandelli-Hütte. Zunächst unter Bäumen gemächlich, später an die Felsflanke gepresst steiler mit zwei gesicherten Passagen, führt der Weg bergan. Immer wieder hat meinen einen fantastischen Blick ins Tal und auf die umliegenden, zackigen Gebirgsformationen. Obwohl nur klein ist die Vandelli-Berghütte eine charmante Unterkunft, in der man sich auf Anhieb wohlfühlen kann.

Gesamt: 2.000 Hm, 6 Std.

4. Etappe (Rif. Vandelli - Rif. San Marco):

Auf dieser Etappe wird eine weitere Steigerung der Eindrücke geboten, denn die Umrundung der Sorapis-Gruppe ist bei gutem Wetter eine wahre Freude und ein Höhepunkt des 3er.

Allerdings sind sowohl auf der Ost- und Westseite Klettersteigpassagen zu überwinden. Wer genau dem Höhenweg 3 folgen will, muss über die Ferrata F.Berti. Dazu führt der Pfad aber erst einmal ein weites Stück auf der Nordseite im Schatten der Sorapis-Gruppe entlang. Nach Erreichen der Wegkreuzung zur Forcella Faloria in einem weiten Kar zieht der Weg nach Südosten in steiles Felsgelände, das noch ohne Sicherungen erstes Zupacken der Hände erfordert. Hat man diesen Aufschwung hinter sich, verläuft der Weg im Anschluss auf einem schmalen Felsband in nahezu gleicher Höhe weiter.

Die Wegführung ist dabei großartig, der Blick ins Tal, nach San Vito di Cadore und zum Monte Pelmo ist kaum zu toppen. Allerdings sollte man sich an einigen Stellen besser auf den Weg konzentrieren, besonders wer ohne Selbstsicherung unterwegs sein sollte und sich nicht in das streckenweise an der Wand verlaufende Stahlseil einklinken kann. Über Leitern geht es dann die Felsen ein Stück hinab, über ein Geröllfeld, dann die Felsen schön gestuft und gesichert wieder hoch, noch eine Leiter und schließlich über einen weiteren schmalen Weg an den Felsen geschmiegt aufwärts bis zur Forcella del Bivacco Slataper. Hier erreicht man auf 2.670m den höchsten Punkt des gesamten Höhenwegs No.3.

Biwak Slataper

Das Biwak lässt sich nun bereits erspähen und ist mit seinem Orange inmitten der grauen Steinwüste ein Hingucker. Der Blechkasten ist innen ziemlich heruntergekommen. Nach dem eindrucksvollen Abschnitt bis zur Forcella fällt der Abstiegsweg vom Biwak vergleichsweise ab. Erst das letzte Teilstück hinter der Forcella Grande ist wieder abwechslungsreich und steil. Nach einem fulminanten Tag ist die Einkehr im Rif. San Marco und das dort angebotene vorzügliche Essen ein Genuss.

Gesamt: 1.900 Hm, 6 Std.

5. Etappe (Rif. San Marco - Rif. Venezia):

Der Abstieg vom Rif. San Marco nach San Vito di Cadore passiert ein ausgedehntes Skigebiet und ist wenig attraktiv. Mit San Vito aber wird zum ersten Mal wieder ein lebendiger Ort erreicht, der zur Versorgung von Bauch und Rucksack zahlreiche Angebote bereithält. Hinter San Vito beginnt der lange Aufstieg über Serdes auf der anderen Uferseite des T.Boite zum Rif. Venezia am Fuß des Pelmo. Der Weg verläuft zumeist über einen Karrenweg durch ein großes Waldgebiet. Die Berghütte Venezia ist hell, geräumig und besitzt ein wenig den Charakter einer Jugendherberge aus den 70er Jahren.

Gesamt: 1.800 Hm, 6 Std.

6. Etappe (Rif. Venezia - Rif. Bosconero):

Regen, tiefe Wolken und Nebelfetzen ließen es notwendig erscheinen, vom Höhenweg 3 ausnahmsweise einmal abzuweichen und vom Passo di Rutorto, statt links abzubiegen und über eine grasige Hochebene dem 3er zu folgen, geradeaus zu wandern und bald den Fahrweg zu erreichen, der nach Zoppe di Cadore führt. Dabei könnte man zudem eine weite Spitzkehre querfeldein abkürzen, um somit direkt zum gut befestigten, breiten Forstweg in Richtung Rif. Talamini abzusteigen, einer einfachen, bunten Hütte mit einigen Lagern.

Dahinter wird der Höhenweg No.3 einsamer, schmaler und die Pflanzen scheinen an manchen Stellen den Weg zurückerobern zu wollen. Über die Forcella di Val Inferna kann abweichend vom der Hauptroute geradeaus die Abkürzung hinunter zum Cibiana-Pass (1.530m) genommen werden, aber dies ist im Vergleich mit dem klassischen Wegverlauf über den Monte Rite nur zweite Wahl.

Rifugio Bosconero Innenraum Theke Auf dem Pass bietet der Rif. Remauro die letzte Möglichkeit zur Einkehr. Im Anschluss beginnt der in der Eröffnung gemächliche Aufstieg zur Forcella de le Ciavazole (1.994m). Erst kurz vor Erreichen der Forcella wird es steil und geröllig. Oben an der Felsscharte ergibt sich ein wunderbarer Blick voraus zur Bosconero-Gruppe oder zurück auf die in den letzten Tage durchwanderten Gebirgsstöcke. Der Abstieg auf der anderen Seite durch eine sehr steile Geröllrinne ist allerdings anstrengend und verlangt Konzentration. Doch bald verlässt man die Geröllhalde linker Hand und ist wieder unter Bäumen. Die letzten Gehminuten bis zur kleinen, einladenden Berghütte Bosconero sind schließlich leicht und angenehm. In einem Nebengebäude befinden sich die einfachen Lager. Entfernt im Westen lässt sich die Silhouette der Civetta erkennen.

Gesamt: 2.000 Hm, 7 Std.

7. Etappe (Rif. Bosconero - Longarone):

Der krönende Abschluss des Höhenwegs No.3 bildet die grandiose Überschreitung der Bosconero-Gruppe. Dazu geht es gleich hinter dem Rifugio östlich einen wenig begangenen Weg unter Bäumen und zwischen niederem Buschwerk in Serpentinen bergan. Bald erreicht man ein Geröllfeld unterhalb der Felswände und steigt über dieses ziemlich steil Richtung Süd bis zur Forcella de la Toanella (2.150m).

Rechts haltend führt der Weg zunächst abwärts, dann auf einer Höhe verweilend exponiert über dem Tal an den Wänden der südlichen Ausläufer der Bosconero Gruppe entlang bis man die Forcella de Viaz de le Ponte (1.900m) erreicht. Hier wechselt man auf die westliche Seite des Grats. Hinter der Scharte muss sofort ein etwas heikler, teils gesicherter Abstieg bewältigt werden, bevor man sich am Fuß der Wand erneut südwärts wendet. Immer in der Nähe der Felsen - einige kurze, etwas ausgesetztere Passagen und eher einfache Kletterstellen passierend - erstreckt sich der gut zu findende Pfad bis in eine mit Geröll übersäte Senke, in der man auf den Abzweig des Wegs 484 trifft (links hoch).

Der 3er führt geradeaus weiter, doch die Variante erweist sich als ein ebenfalls aussichtsreicher, noch einsamerer Abschnitt. Doch zuerst muss man den östlich der Porta de la Serra gelegenen Pass erklimmen - dort noch einmal ein weiter Blick in Richtung Piave-Tal. Hier erkennt man dann einen Vorzug dieser Führung: hinter der Scharte verläuft der Weg nur langsam absteigend über einige Kuppen und einen breiten Grasrücken und bietet somit noch lange ungestörten Fernblick. Hin zur Forcella Sesarola (ca. 1.850m) verläuft sich der Pfad stellenweise.

Dort biegt der 484er links hinunter ab und verläuft dann auf der Nordseite der Cima de l’Albero in einem weiten Bogen durch dichten, lauschigen Wald. Bald erreicht man dann die Forcella Busnich (gute 1.600m). Auf dem Abstieg - jetzt immer wieder Longarone und die Piave im Blick - passiert man das gemauerte, offene Bivacco Busnich. Schließlich geht es weitere 1.000 Hm in einer Genusswanderung hinab nach Longarone. Auf dem gesamten Weg von der Rif. Bosconero aus wird man Mitte September häufig keine weiteren Wanderer antreffen.

Gesamt: 3.000 Hm, 8 Std.

Von Longarone ist ein lohnender Abstecher möglich nach Forno di Zoldo, Heimat erfolgreicher Speiseeishersteller. In Pralongo oberhalb von Forno di Zoldo befindet sich die Pizzeria 'La Gardesana'. Dort kann man sich gut und preiswürdig satt essen.

Rückfahrt zum Ausgangspunkt ist mit dem Bus von Longarone bei Umsteigen in Cortina und Toblach problemlos möglich.

TOTAL: knapp 12.000 Hm in 37 Std.

Kartenmaterial:
TABACCO, 1:25.000, Blatt 03 und 025

© Norbert Pohl